Das falsche Leben (Diana)

Das falsche Leben              (Diana)

Kaum lag die Tür in den Angeln, flogen die roten High-heels durch das Zimmer und landeten auf dem unordentlich verlassenen Doppelbett.

Seufzend blickte sie auf die Uhr und verging in Selbstmitleid. Die Zeit schien in diesem Haus still zu stehen. Die ausgelatschten Hausschuhe standen nicht auf ihrem rechtmäßigen Platz, sie wurden beim vorbeilaufen mitgeschleift und schließlich liegen gelassen worden.

Ihre rechte Hosentasche vibrierte stürmisch. Zögerlich schob sie ihre Hand in die viel zu große Tasche und holte das heruntergekommene Handy heraus. Langsam hob sie die Apparatur an ihr von Ohrringen geprägtes Ohr.

“Ist das Essen schon fertig´´, bellte es von der anderen Seite des Hörers. Die vertraute Stimme klang genervt. Zu sagen, nein ich bin  heute eingesprungen und später nach Hause gekommen, das wäre eins. Doch dann würde die genervte Stimme zu einer wütenden Stimme mutieren. Eine Stimme bestehend aus Vorwürfen, Besserwissereien, Bemerkungen und unangenehmer Kritik.

“Natürlich habe ich DIR das Essen schon gemacht, Schatz, ´´ hörte er am anderen Ende der Leitung und rieb sich genüsslich den Bauch. Der war genau wie sie einst durchtrainiert und schön anzusehen gewesen. Aber sie kochte einfach ausgezeichnet.

Das hatte er ihr noch nie gesagt. Wozu auch, das wusste sie bestimmt selbst, denn er verlangte jedes Mal eine Extraportion und Nachtisch. Das war doch Beispiel genug!

Ihr aufgesetztes Lächeln schwand, als am anderen Ende die Leitung brach. Die Jacke, welche sie noch immer in der Hand hielt, wurde fein säuberlich an den Haken neben seinen Mänteln gehängt. Sein Haken hing ganz erschöpft da, trotz dass die Anzahl an Jacken nicht zugenommen hatte. M und L passten schon lange nicht mehr.Sie hatte ihm deswegen immer den Rücken gestärkt. Zum Dank bekam sie nun tagtäglich Diät- und Beautitipps aufgetischt um ihm bald in perfekter Figur unter die Augen zu treten.

Nachdem sie eine Weile lang eifrig in der Küche hantiert hatte, schellte es lang, ungeduldig und unterbrach die gähnende Leere. Sie lief, nein rannte die wenigen Schritte bis zur Haustür. Ihm konnte es nie schnell genug gehen.

“Hallo, du hast nicht zufällig den Brief abgeschickt, der auf der Telefonbank lag,´´

Ihr Magen zog sich krampfhaft zusammen. Nein, das hatte sie nicht gemacht.

Sie setzte ihr gut geübtes Strahleweib Grinsen auf.

“Nein, ich habe ihn übersehen aber natürlich bringe ich ihn später noch weg.´´

Er nickte sie an. Sie sah heute älter aus als sonst. War wohl lange nicht mehr im Beauticenter.

Schmatzend, wohlwollend Rülpsend saß er ihr gegenüber. Sie sahen sich lange an.

Sein Spielzeug, sein hübscher Juwel, sein Ein und Alles.-

Das war sie früher gewesen.

Die Hausfrau zu dick, zu mütterlich, zu uncool, mit Macken, meckernd, kritisch, UNPERFEKT, das war sie heute.

“Wo gehst du hin ich muss noch mit dir reden´´, er sah sie an und ein Gefühl von Hoffnung, Vorfreude und Vertrautheit ergriff sie. Das letzte Mal, als er sie so angesprochen hatte, erfuhr sie, dass sie ihm viel bedeutete.

Das war gute 10 Jahre her, aber es war ihre fast Stärkste positive Erinnerung an ihre Zweisamkeit.

“Das nächste Mal kannst du die Kartoffeln ruhig in Butter braten, oder hast du die schon aufgegessen. Nein, das war ein Scherz´´, fügte er hinzu, als er den Schatten sah, der über ihr Gesicht huschte.

Innerlich brach sie zusammen. Dass das kein Scherz war, wusste sie besser als er.

Sie grinste ihn gequält an und brachte mit einer erstaunlich gefassten Stimme hervor:

“Dein Brief muss noch zur Post´´, sie schnappte sich die Autoschlüssel und den Brief und ignorierte seine Frage, wann sie wieder zurückkäme. Als ob er sie vermissen würde!

Eine halbe Stunde später stand sie am Rande der Klippen. Unter ihr brachen sich die Wellen wild an den Felsen. Ob sie wirklich so schwer war um im Wasser unterzugehen.

Für das Wasser war sie weder zu schwer noch zu hässlich und so behielt es sie.

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